Newsletter Grüße aus Varanasi (11.3.2018)

Es wird mal wieder Zeit für ein Lebenszeichen von Philipp der mit seinem Radel um die Welt radelt…

Bitte entschuldigt evtl. Rechtschreibfehler, da ich den Text auf einer holprigen Busfahrt ohne Autokorrektur auf meinem neuen alten Handy geschrieben habe…

Nach nun fast 2 Monaten sind meine Tage in Indien gezählt. Bald geht die Reise weiter kreuz und quer durch den Rest von Südost Asien. Doch dazu später.

Indien ist eine Reise wehrt! Und jeder kann es problemlos machen.

Man sollte dazu sagen, dass es das "Indien" nicht gibt sondern eher Regionen ( auch mit unterschiedlichen Sprachen). Englisch und Hindi klappt aber ganz gut! Namaste mera nam hai Philipp...

Ebenfalls sollte man dazu sagen, dass eine gebuchte Reise über beispielsweise der deutschen Discounter Ketten einen ziemlichen einseitigen Eindrucks von Indien suggeriert. Mit dem Rucksack sieht man da schon mehr. Aber um wirklich Land und Leute kennen zu lernen ist das Fahrrad der Beste Weg! Natürlich ein paar Nahtoterfahrungen im Straßenverkehr gehören dazu. Ebenso das ständige nervtötende Gehupe. Aber wie man diesem Bericht entnehmen kann, so trugen sich die schönsten Geschichten abseits der Städte zu.

Ich habe jetzt mit dem Fahrrad gute 1300km durch Indien zurückgelegt und hab die Staaten Gujarat, Radjastan, Utah padesh, haryana und West Bengalen gesehen/gestreift ( ein Staat ist vergleichsweise so groß wie Deutschland). Die längste Zeit war ich in Radjastan und kann diese Gegend wärmstens (im doppeldeutigen Sinne) empfehlen!

Die erwartete Armut, das große Leid, das Elend und die Kriminalität blieben aus. Natürlich ist es teils sehr runter gekommen und die Lebensbedingungen sind nicht vergleichbar mit Deutschland. Natürlich hat es in Städten wie Mumbai viele obdachlose, verhungern tut aber keiner. Wasser gibt es überall und klar unsere europäischen Bäuche sind das Wasser nicht gewöhnt im vergleich zu den keim-resistenten Indern. Ich hab 2 mal durchfall gehabt, aber das beste Mittel dagegen war Schnaps! Einfach ein paar mal am tag ein Schnapsglas 2cl Whisky trinken hilft (ernsthaft)!

Die Logik der Spirituosenpreisen verstehe ich nicht ganz. Hier ein Beispiel von teuer zu billig: 4€=Oettinger 0,3 > 0,5-Dose aka Festival Bier > kingfisher Lager = Whisky > kingfisher strong > Limetten Schnaps = 40 Cent.

Also Starkbier ist billiger als das Lager Bier von der gleichen Brauerei. Ach ja und eine 0,5 Liter Dose war manchmal teurer als eine 0,6l Flasche,- manchmal aber auch nicht oder gleich. Die Preise haben aber generell nach Laune der Verkäufer geschwankt.

Man könnte jetzt meinen dass ich mich ständig besoffen habe etc...

Aber im ganzen habe ich an doppelt so vielen tagen Abends ein Bier getrunken ( Whisky aus medizinischen zwecken mit eingerechnet) als ich Fleisch gegessen habe. Fleisch hab ich jetzt ca. 7 mal gegessen. Es gibt übrigens kein Rind bei mc Donalds oder sonstigen fast Food,- ich mich das selbst mal in der Vergangenheit gefragt...

Noch eine Sache zum Alkohol! Ich bin mittlerweile so trinklocker (oder was auch immer das Gegenteil von trinkfest ist) dass ich nach dem 3. Bier bereits betrunken bin!

Nun...

Was hab ich gemacht die letzten Wochen?!

Ich bin immer wieder 2-4 tage Rad gefahren und war wieder 2-4 tage in einer Stadt. Meine Route verlief, nachdem ich über eine Woche bei einem Freund in Ahmedabad gewohnt habe, vom südlichen Polo forest nach Udaipur wo ich mich mit 3 Ulmern getroffen habe,

dann nach Kumbhalgarh zur zweit größten Festungsanlage nach der chinesischen mauer. Dort habe ich 2 deutsche Pärchen kennen gelernt, wovon ein Paar einen guten Blog schreibt (zu finden unter https://globeventure.de/ ). Ebenfalls habe ich Teresa kennen gelernt, die Indien mit einer Royal Enfield bereist.

Danach haben wir uns in Jodhpur verabredet wo ich Ananja und Shoaib aus Bangalore kennen gelernt habe. Diese drehen gerade eine Dokumentation über Radjastan. Diese Dokumentation erscheint bei http://www.treknology.in/site/ (hier der Trailer der Gujarat Dokumentation: https://www.youtube.com/watch?v=53fjE3xB3S0&feature=youtu.be ) und dient dazu Touristen zu zeigen dass Indien ein schönes sicheres Reiseland ist. Dem Kamerateam bin ich über Pushkar, Ajmer nach Jaipur gefolgt. Falls jemand Informationen über Indien möchte, Shoaib (der Kopf hinter Trenology) hat ein 1000 seitiges PDF über Indien zusammen gestellt mit Sehenswürdigkeiten, Hostels etc. und stellt dieses Wissen Reisenden zur Verfügung. In Jaipur war eines meiner schönsten Erlebnisse nämlich wir haben uns auf eine indische Hochzeit ein geschlichen. Anstatt aber inkognito zu bleiben stellten wir uns dem Bräutigam und den Trauzeugen und sagten: "wir sind ein Kamerateam und Philipp ist ein Radio Macher der mit dem Fahrrad um die Welt reist. Wir wollten Filly eine indische Hochzeit zeigen und ein paar Sachen filmen."

Die Antwort lautete in etwa: "na gut ihr habt es nicht anders gewollt! Jetzt müsst ihr euch um Filly kümmern dass er alles einmal probiert und auch ja nichts aus lässt. Ihr seit nun offiziell eingeladen."

Die Hochzeit fand auf einem Gelände einer bekannten Hotel Marke statt und hatte die Fläche eines kleinen Festivals. 50 Köche kochten für die ca. 1000 Gäste im Akkord und alles frisch! Der arme Filly musste am ende des abends heim gerollt werden und dabei heißt es doch Dummheit kann nicht fressen…

In Jaipur gab es noch ein schönes wieder sehen und noch ein paar andere Geschichten die aber jetzt den Rahmen sprengen würden. Erwähnen möchte ich die tollen Menschen die ich im Destiny-Hostel kennen gelernt habe, speziell Silvia und Norbert aus der Schweiz, die ich gestern Abend in Varanasi wieder getroffen habe.

Weiter gings nach Agra. Auf dem Weg gab es sehr viele Leute die mir unter anderem einen Blumenkranz überreichten. Es handelte sich um Wahlkampftour einer hiesigen Politikerin, die sich bald zur Wahl aufstellen lässt. Ein spontaner Kontakt in einer kleinen Stadt stellte sich dann bei einem Tee als Guru heraus indem ich Yoga Tipps und ein persönliches Horoskop erstellt bekam. Ein beigelegter Zeitungsartikel zeugt davon und ernennt mich fast schon zu Ehrenbürger…

Das Taj Mahal war schön und Agra war unschön. Darauf gings nach Mathura, wo man Holi, das indische Farbenfest, feiern sollte. Schön war hier, dass mich auf dem Umweg/kleine Odyssee/Irrfahrt nach Mathura ein junger Mann Anfang 20 mich voller Begeisterung auf dem Fahrrad verfolgt hat. Ich war erst abgeneigt, da ich dachte dass es sich auf den üblichen Smalltalk: where you from, where you are going etc. beschränkt. Er sprach sehr gut englisch und bot mir an bei sich und seiner Familie zu übernachten. Es stellte sich heraus, dass er der einzige in seiner Familie mit 3 kindern ist der einen englisch Kurs besuchen durfte und gerade am lernen saß für sein Fernstudium in Biologie. Ich war der erste englisch sprachige Mensch den er je kennen gelernt hat! Im laufe des abends durfte ich mit seiner Familie an der zeremoniellen Holi-Nacht teilnehmen.

Um ganz kurz den religiösen Hintergrund zu erläutern...

Ein Prinz der zu Gott Vishnu betete kam in die Fänge eines Feuer Dämonen „Holika“. Wie jeder weiß sind Feuerdämonen bekanntlich immun gegen Feuer. Also schnappte sich der Dämon den Prinz und sprang in ein Feuer um den Prinzen zu töten. Das Gegenteil passierte, der Dämon verbrannte der Prinz lebte. Darum macht man in der Holi Nacht überall Feuer aus Kuhfladen (vergleichbar mit unserem Funkenfeuer), nimmt sich dann einen brennenden Fladen mit (praktisch Funkenfeuer to go) und macht im heimischen Hof ein weiteres Feuer. Dann gibt’s noch ein paar lustige Rituale wie unreifen Weizen pulen und knabbern oder die Hände zu falten zur Stirn erheben und wieder senken während man um das Feuer läuft. Ich habe die Rituale um das traditionelle Posaune spielen erweitert.

Am nächsten morgen bekam ich von meinen Gastgebern gefärbten Puder liebevoll auf beide Backen und auf die Stirn geschmiert, dann umarmt man sich und sagt Happy Holi. Prinzipiell darf jeder jeden bemalen egal welcher Kaste oder welches Geschlecht oder Alter. Die Inder machen daraus natürlich einen Volkssport, der dazu tendiert Farbpuder rücksichtslos zu werfen (in Augen oder Ohren) oder gefärbtes Wasser in Eimern zu werfen oder in Wasserpistolen zu füllen. Besonders gute Ziele sind natürlich deutsche Radfahrer die zufälligerweise entlang kommen...

Eine traurige Geschichte ist mir dann 50 km vor Neu Delhi passiert. Auf einer sandigen Hoppelstrecke mit vielen Schlaglöchern riss ein Kabelbinder meiner Handyhalterung. Ich hab’s nach wenigen Minuten gemerkt aber es war schon zu spät. Nach einer erfolglosen Suchaktion auf den zuletzt zurückgelegten 300 Metern hat es wohl ein unbekannter Motorradfahrer eingesteckt. Danach bin ich zur Polizei und hab eine Anzeige aufgegeben. Ich durfte bei der Polizei Station übernachten und wurde zum essen eingeladen. Glück im Unglück...

Mittlerweile nutze ich das letzte Handy aus Sri Lanka. Das gestohlene Handy war so gesehen nötig um die 4G sim Card nutzen zu können, die mir mein Freund Palakt gekauft hat. Das verlorene Handy hatte sehr lange Akku Laufzeit, eine sehr gute eingebaute Kamera und eignete sich besonders gut zum navigieren.

In Neu Delhi kam mir der Gedanke nach Sponsoren zu suchen und den indischen Handyhersteller an zu schreiben. Hier auch ein Aufruf an die Leser dieses Berichtes: falls jemand etwas weiß der einen Posaune spielenden, Spätzle schabenden und Golf spielenden Radfahrer der um die Welt radelt unterstützen möchte,- here i am! Dein Motto ist mein Motto!!!

Meine ursprüngliche Idee war es meine Fahrradmarke Villiger an zu schreiben um mein Motto in „Villyroundtheworld“ zu ändern. Aber die Fahrradfirma wurde mittlerweile nach Amerika verkauft und eingestellt. Andere Fahrradmarken zeigen sich als Filly resistent.

Nach ein paar Erledigungen in Neu Delhi gings weiter nach Varanasi. Allerdings benutze ich jetzt den Bus, da mir die Zeit entrinnt und am 21.3. mein Flugzeug von Kalkutta nach Bangkok erwischen muss.

Mein erster Eindruck in Varanasi war gestern Abend, als ich mich mit Norbert traf und wir eine Zermonie am Ganges schauten. Natürlich bekommt man wieder Farbe auf die Stirn geschmiert, oder Blumen mit Kerzchen ich die Hand gedrückt die man in den Ganges setzt. Obwohl uns die Peiniger immer no Money suggerierten, so wollten Sie am Ende doch eine Spende haben. Norbert lehrte mich, dass no Money auch n Money bedeutet! Du hast nicht danach gefragt angemalt zu werden, also bezahle auch nichts dafür! Danke Norbert!!!

Nach der Zermonie sind wir zu Norberts Gast Haus. Es ist direkt neben den Verbrennungsstädte der Hindus. Ich habe das viele viele Holz gesehen, die raffgierigen Holzhändler die ein Vermögen verlangen für Holz. Das Kilo kostet fast 5€ und ist für indische Verhältnisse sehr teuer. Ich habe ein paar brennende Feuer gesehen und habe eine Zeremonie mitbekommen sowie trauernde Menschen die dir die Hand reichen.

Es war Nacht und ich wollte nicht bleiben.

Wir saßen dann auf dem Dach des Guest Houses und haben mehrere Stunden geredet. Norbert erzählte mir, dass tagsüber die Inder 10 Meter neben den Stellen wo Sie die Asche in den Ganges werfen nach Schmuck und Ringen schürfen. Die Tatsache dass im Hintergrund die Feuer immer noch brannten (24-7), der Rauch der Feuer immer noch entlang des Gasthauses zog und der Geruch der entfernt an ein BBQ erinnerte, stimmte mich innerlich nachdenklich. Mittlerweile fühle ich mich dazu bereit es mir bei Tag an zu schauen. Ich will dies nicht betrachten wie ein Besucher in einem Zoo, sondern eher respektvoll sehen und lernen wie die indische Kultur mit diesem Abschnitt des Lebens umgeht. Morgen kommt aber erstmal der französische Ministerpräsident und alles wird abgeriegelt…

So far so good..

Am 21.3 fliege ich von Kalkutta nach Bangkok.

In Bangkok lass ich das Fahrrad vorläufig bei einer Freundin stehen und fliege ein paar tage später 2 Wochen visafrei nach Vietnam genauer gesagt nach Hochi-Min-Stadt und besuche dann einen freund in der schwäbisch klingenden Stadt: Hanoi. Von dort geht’s für 1-2 Wochen nach Hongkong und dann wieder zurück nach Bangkok um bis nach Singapur zu radeln.